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22.12.2021
zuletzt aktualisiert am 06.03.2024

Wie die Internet-Technologie den TV-Markt veränderte

Die Entwicklung des Internets veränderte den TV-Markt nachhaltig. Wurden Fernsehprogramme einst über Antennen oder Koaxialkabel verbreitet, ermöglichen grosse Internetbandbreiten heutzutage die individuelle Verbreitung via Breitband (Over-the-top). Diese Entwicklung eröffnete neue technologische Möglichkeiten, insbesondere auch in Bezug auf zeitlich und örtlich unabhängigen TV-Konsum. Dass Konsumenten im zeitversetzten Fernsehen Werbung überspulen resp. überspringen können, ist den TV-Sendern indes ein Dorn im Auge.

TV früher und heute

Früher kam für die Verbreitung von Fernsehprogrammen ausschliesslich die Broadcast-Technologie zum Einsatz. Dabei werden die Datenpakete der TV-Sendungen via Antennen oder Kabel allen Konsumenten gleichzeitig zugestellt. Das Fernsehen ist linear: Alle haben Zugriff auf das gleiche TV-Programm. Wer eine Sendung verpasst, hat Pech.

Bei der Programmverbreitung mittels IP-Technologie werden die Inhalte hingegen über Breitband (Over-the-top) verbreitet. Dies ermöglicht den Einsatz der Unicast- und Multicast-Technologien, mithilfe derer Datenpakete an einzelne Nutzer resp. an eine Gruppe von ausgewählten Nutzern gesendet werden können.

Durch den technologischen Fortschritt wurde nicht-lineares Fernsehen realisierbar und es entstanden personalisierte Dienste wie Replay TV (zeitversetztes Fernsehen) oder Video-on-Demand (Filme auf Abruf). Die Programminhalte werden dabei auf der Festplatte einer Set-Top-Box oder in einer Cloud gespeichert. TV-Konsumenten können die Inhalte nach Belieben abrufen und entscheiden selbst, wann sie welche Sendung resp. welchen Film schauen. Die Fernsehprogramme werden dabei nicht mehr ausschliesslich von TV-Sendern und Kabelanbietern, sondern auch von Unternehmen wie Zattoo, Teleboy, Init7 usw. verbreitet.

«Any time, any way, any device» («ATAWAD»)

Ruft der Endnutzer die Programminhalte aus einer Cloud ab, wird TV-Konsum «any time, any way, any device» («ATAWAD») möglich:

  • TV, wann ich möchte (Replay TV und Video-on-Demand)
  • TV auf verschiedenen Geräten (Smartphone, Tablet, TV-Gerät usw.)
  • TV, wo ich möchte (zuhause oder unterwegs)

«ATAWAD» beschreibt die Fähigkeit eines mobilen Benutzers, ohne Zeit-, Standort- oder Terminalbeschränkungen TV-Inhalte zu konsumieren. Das «Zuschauen» transformiert somit vom passiven «lean back»-Konsum zur aktiven «push forward»-Nutzung.

Geschäftsmodelle werbefinanzierter Sender bedroht

Diese für den Konsumenten neu erlangten Freiheiten führen unter anderem auch dazu, dass die bisherigen Geschäftsmodelle von werbefinanzierten TV-Sendern ins Wanken geraten. Denn im Replay TV lassen sich Werbeblöcke gezielt überspringen oder überspulen. Und werden die Werbeblöcke von weniger Endnutzern geschaut, verlieren sie an Wert, was zu geringeren Werbeeinnahmen führt. Dies hat insbesondere für nicht konzessionierte Privatsender, die keine Gelder aus der Medienabgabe (Serafe-Gebühr) erhalten, massive Einbussen zur Folge.

Zwangsabgaben sollen das Geschäftsmodell retten

Nun versuchen die TV-Sender, die Nutzer in ihr Geschäftsmodell zurückzuholen. Entweder mit individuellen und unüberspringbaren Werbeformen oder mit Gebühren für werbefreies Fernsehen. Dies geschieht auf dem Buckel des Urheberrechts, indem die bestehenden Regulatorien aus der linearen Welt an den «ATAWAD» TV-Konsum angepasst werden. Mit Zwangsabgaben wird so ein überholtes Geschäftsmodell durch die Endnutzer finanziert. Mehr dazu in diesem Blog-Beitrag.

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